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Menschen+Biographien

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt ihres Lebens.

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)

Es entspricht den Erfahrungen vieler Menschen, dass nur die Mutterliebe echt und selbstlos ist. Viele anderen „Glaubens-Fälle von Liebe“ erweisen sich bekanntlich - früher oder später - als im Egoismus verfallende Phantome. Das beweisen die hohen Raten der Trennung von Ehen und Beziehungen.

Es gibt aber auch Menschen, die richtig gewählt haben und ihr Treue-Gelübde bis an das Ende ihres Lebens halten. Gertrud Semmler war eine „Heldin der selbstlosen Liebe“ und ein „Vulkan“ an Energie. Über 60 Jahre lang war sie mit dem gleichen Mann verheiratet, bis Alois Semmler (im Sommer 2013) mit 86 Jahren starb. Mit ihm feierte die Alemannin auf der Baar (eine Hochebene im Schwarzwald) nicht nur ihr erste Hochzeit, sondern auch alle Ehren-Hochzeiten: Die Silberne, die Goldene und die Diamantene. Zuletzt gratulierten sogar der Ministerpräsident und der Erzbischof zu dem seltenen Fall von Treue.

Viele schwere Schicksalsschläge musste Gertrud Semmler in ihrem Leben ertragen, doch mit ihrer Intelligenz und ihrem starken Charakter verlor sie nie ihre Zuversicht und ihre Liebe für die Anderen. Denn sie sah den Sinn ihres Leben nicht darin, sich selbt am oder im Leben zu befriedigen, sondern den Anderen zu dienen. Weil sie wohl dieses Geheimnis des Glückes kannte, wurde es zum Inhalt ihres Leben, ihre Freude in den Freuden der Andern zu finden. Die Menschen, Tiere, Bäume und Pflanzen waren für die begabte und begeisterte Landwirtin, Gärtnerin, Köchin, Bäckerin, Schneiderin und Stickerin liebenswerte Lebewesen, denen sie ihr ganzes Herz schenkte.

Die Mutter von zwei Söhnen und zwei Töchtern hatte Talent, Phantasie, Tatkraft, Mut und Humor. Am 5. November 2014 ist die naturverbundene Schwarzwälderin mit dem großen Herz in Donaueschingen im Alter von 87 Jahren verstorben. 

Wenige Tage vor ihrem Tod wurde noch ein Gespräch mit der 87-Jährigen aufgezeichnet. Es wurde zu ihrem ewigen Vermächtnis.

www.musevita.eu/deutschland/nur-die-erinnerung-an-sie-lebt-ewig-letztes-gespraech-mit-gertrud-semmler_A2502

Schock wegen vermeidbarer Todesursache von Gertrud Semmler.

Gertrud Semmler ist am Mittwoch, den 5. November 2014, morgens um 07.00 Uhr, völlig überraschend an einem septischen Schock im Kreisklinikum Donaueschingen verstorben. Ursache ihres Todes war eine Wundrose (Erysipel), über die Bakterien in ihr Bein eingedrungen waren. Ihr langjähriger Arzt hatte die sichtbaren äußeren Anzeichen ignoriert, die Blutvergiftung verkannt, keine Blutuntersuchung durchgeführt und kam in ihrer Not nicht an ihr Krankenbett. Es wurde ignoriert, dass sie über Appetitlosigkeit und Unwohlsein klagte, ihre Bewegungsfähigkeit verlor und drei Tage im Altenheim nicht mehr zum gemeinsamen Essen erschien. Nachdem der Arzt nicht erschien, und ihr Sohn bei dem täglichen Telefongespräch Sprachveränderungen feststellte, eilte er sofort zu seiner Mutter und bestand auf  Blutdruckmessung, Notarzt und Noteinlieferung in die Klinik. Die im Kreisklinikum eilig eingeleitete Therapie mit Antibiotika kam jedoch für den geschwächten Körper der 87-Jährigen zu spät.  Die Organe von Gertrud Semmler konnten den Schock nicht mehr aushalten, und sie verstarb in Anwesenheit ihrer Kinder im Klinikum Donaueschingen.

Gertrud Semmler: Aus Armut mit Phantasie, Intelligenz und Fleiß zur Lebenskunst.

In ihrem letzten Gespräch, wenige Tage vor ihrem Tod, sagte Gertrud Semmler es sei das „A & O“ des Lebens, wie man zufrieden damit ist. Sie sagte: „ Wenn mir einer erzählt, wie gut es ihm gegangen ist in seinem ganzen Leben, dann muss ich denken: Ja, und das Andere sagst Du nicht“. Sie sei früher sehr arm gewesen, aber sie sei nicht an Armut gestorben. Die Scharzwälderin hat vorgelebt, wie Armut mit Lebenskunst und Phantasie dennoch zu Liebe, Freude und Zufriedenheit werden können und meinte: „Phantasie habe ich gehabt. Gott sei Dank. Das wäre schlecht für eine Frau, wenn ich das nicht gehabt hätte. Man kann auch mit wenig leben. Ich habe mich wohl gefühlt, obwohl es nicht viel war“.

Gertrud Semmer:  Erziehung zur Lebenskraft.

Vom Verfall der Werte guter Erziehung ist heute oft die Rede. Gertrud Semmler ist ein Beispiel dafür, dass Kinder Eigenschaften übernehmen, die ihnen ihre Mütter und Väter vermittelt haben. Als Kriegskinder konnten die drei intelligenten Mädchen trotz guter Schulzeugnisse nicht studieren. Sie standen der Mutter bei, und das Dienen für Andere wurde zum Inhalt ihres Lebens. Die drei Mädchen lernten von der Mutter kochen, backen, schneidern und stricken. Sie wurden auch noch leidenschaftliche Gärtnerinnen. Weil sie Solidarität mit ihrer Mutter übten und von ihr viel Liebe erhielten, konnten sie auch anderen Menschen wieder Liebe und Fürsorge schenken. Gertrud Semmler „Über meine Mutter sagten damals manche Leute: Sie ist arm und hat nichts, weil sie zu gutmütig ist und alles verschenkt. Meine Mutter hat nie jemand ohne ein Brot mit selbstgemachter Butter oder Marmelade gehen lassen. Das habe ich wohl geerbt“. Heute sagen das auch die Kinder von Gertrud Semmler. Und sie betonen, dass ihre Mutter wegen ihrer Wahrhaftigkeit und Güte ihr großes Vorbild sei.
 
Stationen des Lebens von Gertrud Semmler.

1927 Geburt als dritte Tochter des Feinmechanikers Gebhard Maus und seiner Frau  Maria-Agathe Maus, geborene Sieger. Als Gertrud Semmler gerade einmal zwölf Jahre alt war, wurde ihr Vater Gebhard Maus  1939 in den Zweiten Weltkrieg eingezogen. Weil der Vater somit als Erwerbsquelle ausfiel, musste die Mutter die drei Töchter allein durchbringen. Vater Gebhard verschonte der Tod in Stalingrad nur mit großem Glück und er kam nach dem Krieg lange Zeit in eisige russische Gefangenschaft. Mutter Maria-Agathe lebte mit den Mädchen in bitterer Armut, doch brachte sie ihren Töchtern bei, wie man mit Phantasie und Fleiss auch aus wenig etwas machen kann. Sie gab von dem Wenigen, was sie hatten, immer noch etwas an Andere ab und erzog liebende und ebenfalls gebefreudige Töchter. Als Vater Gebhard Maus (auf Intervention von Konrad Adenauer) damals mit vielen anderen Gefangenen aus Stalingrad freigelassen wurde und sich die Botschaft von seiner Ankunft in einem Sammeltransport durchgesprochen hatte, ist ihm seine Tochter auf der Landstraße entgegen gelaufen. Der abgemagerte Vater soll sie kaum wiedererkannt und gefragt haben: „Bist Du meine kleine Trudi?“

1951 Heirat des Landwirts Alois Semmler.
Gemeinsame Übernahme und Ausbau des alten Hofes am Ortseingang von Aasen.

1952 Geburt des ersten Sohnes  Werner Semmler ( 1. Kind).
Die Geburt ihres ersten Sohnes, iin einem kalten Februar-Winter , hätte Gertrud Semmler fast selbst das Leben gekostet. Denn die Geburt erwies sich als schwierig, und es musste Notarzt Dr. Bader gerufen werden. Dieser holte die Mutter mit dem ungeborenen Kind ab und wollte sie zur Geburt ins Krankenhaus bringen. Doch sein klappriger VW blieb im Schnee stecken, der Sohn wurde unterwegs geboren,  die Mutter verlor viel Blut bei der Geburt,  sie konnte aber mit dem Kind gerettet werden. Weil diese Geburt so schwer war, hatte Gertrud Semmler wohl auch lebenslang eine besondere Beziehung zu ihrem Erstgeborenen.  Sohn Werner Semmler über seine Mutter: "Sie war die Quelle meines Lebens. Sie war meine Erzieherin und mein großes menschliches Vorbild. Von ihr habe ich mein Herz,  und sie ist mein ganzes Herz“.

1956  Geburt der ersten Tochter Christa-Maria Semmler (2. Kind)

1959 Geburt ihrer zweiten Tochter Doris Semmler (3. Kind)

1967 Schwerster Schicksalsschlag für die Familie:  Bei einem Gewitter trifft ein Blitzschlag den Hof nach gerade eingebrachter Ernte. Das modernisierte Hofanwesen und das angebaute Wohnhaus brennen vollständig aus. Die Familie wird obdachlos und hausiert anschließend in einer Notunterkunft.  Wegen unzreichender Feuerversicherung (Unterversicherung) ist die Familie durch die Naturgewalt des Feuers schwer geschädigt.

1968-2000 Neuaufbau des „Semmlerhofes“ als Aussiedlerhof auf einem Buckel des Öschbergs. Vater Alois war nicht nur Landwirt, sondern auch ein universaler begabter Handwerker, der alles selber konnte. Mit viel Eigenarbeit und ohne Inanspruchnahme von staatlicher Förderung wird ein neuer moderner Hof gebaut. Um alles zu finanzieren, ging der Famlien-Vater  viele Jahre noch als Angestellter  in die Fürstlich-Fürstenbergische Brauerei: Zum Dienen. Gertrud  Semmler musste während dieser Zeit die Tagesarbeit in der Landwirtschaft mit den Kindern allein meistern.

1968 Geburt  des zweiten Sohnes Martin Semmler (4. Kind)

1970 Verlust der eigenen Eltern.

2005 Größte Zäsur ihres Lebens: Schweren Herzens verkaufen die Semmlers ihren eigenhändig aufgebauten "Semmlerhof" für die Erweiterung des Donaueschinger Golfplatzes an eine Tochtergesellschaft des ALDI-Konzerns. Ihre vier Kinder hatten andere Berufe erlernt, und es gab keine Hofnachfolger.

2005 + 2009 Tod der beiden Schwestern Friedel und Käthe. Die drei Maus-Töchter waren durch das schwere Schicksal in ihrer KIndheit eng miteinander verbunden. 

2009 Umzug ins Altersheim St. Michael am Fürstlichen Schlosspark wegen einem Unfall und der Pflegbedürftigkeit von Alois Semmler.  Für Gertrud Semmler kam dieser Abschied vom Geburts-Dorf Aasen in das Residenz-Viertel der Kernstadt viel zu früh, doch sie wollte ihren Mann nicht allein lassen und folgte ihm. Der unmittelbar am Altenheim gelegene Schlosspark der Fürsten von Fürstenberg spendete den landschaftsverbundenen Naturliebhabern aber täglich viel Freude.

In Ihren letzten Worten gewährte Gertrud Semmler einen Blick auf ihren Charakter und zog mit reifer Demut und Dankbarkeit - mit sich im inneren Frieden - dieses Résumé:

So habe ich gelebt, und so bin ich auch gestorben. Ich habe meine Pflicht und Schuldigkeit getan. Macht jetzt das Beste daraus. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg! Dankeschön, dass ich Euch gehabt habe.“

  (Deutschland, Artikel-Nr. 2499)

Angelegt am 09.11.2014 20:24.

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Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Das Grab von Gertrud und Alois Semmler in Donaueschingen-Aasen (Bild: Christa Semmler)  

Letzter Besuch am Grab von Alois Semmler: Gertrud Semmler mit Ihrer Tochter Christa Semmler am 1. November 2014 (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Gertrud Semmler: Ihre Freude in den Freuden der Anderen zu finden war der Inhalt Ihres Lebens. (Bild: Christa Semmler)  

Feier des 80. Geburtstages von Gertrud Semmler im Landhaus des Queen-Auguste-Victoria-Parks Umkirch. (Bild: Musevita)  

Gertrud Semmler: Köchin, Bäckerin, Konditorin, Gärtnerin und Landwirtin. (Bild: Musevita)  

Todesanzeige für Gertrud Semmler (Bild: Musevita)  

Letzter Besuch im Oktober 2014: Gertrud Semmler im Queen-Auguste-Victoria-Park Umkirch (Bild: Musevita)  

Gertrud Semmler bei ihrem letzten Besuch im Queen-Auguste-Victoria-Park, Umkirch (Bild: Musevita)  

Gertrud Semmler mit Bürgermeister Volker Kieber und Heimatdichterin Martha Schmidle im Queen-Augste-Victoria-Park Umkirch (Bild: Achim Keller)  
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